Gemeinsam mit dem Antifaschistischen Stammtisch München hat das Offene Antifaschistische Treffen Augsburg eine Kampagne zu den kommenden Landtagswahlen in Bayern konzipiert. Beim Auftakttreffen nahmen mehr als hundert Menschen und viele Gruppen aus zehn Städten teil. Vor kurzem wurde ein Interview mit einem Vertreter der Kampagne in der jungen Welt veröffentlicht:
»Ihr nützt das Fehlen linker Perspektiven«
Bayern: Nazigegner starten vor Landtagswahl Kampagne gegen AfD. Ein Gespräch mit Finn Winkler
Mit Blick auf die Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober haben Sie eine Kampagne gegen die AfD gestartet. Worauf zielt diese ab?
Es handelt sich um einen Aufruf an alle antifaschistisch Aktiven in Bayern, den Wahlkampf mit Protesten gegen alle rechten Gruppen und Personen zu begleiten. Das trifft inhaltlich auch auf die CSU zu, auf einem überregionalen Treffen haben wir uns allerdings auf die AfD als Hauptfeind verständigt. Daran sollen sich alle Städte, Gruppen und Personen so beteiligen, wie sie möchten. Wir in München haben Informationsstände oder größere Veranstaltungen der Partei mit eigenen Flyern am Rand begleitet, sie abgeschirmt, Kundgebungen dagegen abgehalten. In anderen Städten gab es aber auch inhaltliche Informationsveranstaltungen.
Wie hat die AfD darauf reagiert?
Nicht sehr erfreut. In den sozialen Medien beschweren sie sich regelmäßig, dass sie von Antifaschisten gestört wurden und die Polizei ihnen nicht konsequent genug dagegen vorgeht. Wir sind ein Thema bei denen, und sie sind merklich genervt.
Mit wem machen Sie diese Kampagne?
Wir haben das Ganze mit dem Offenen Antifaschistischen Treffen Augsburg konzipiert, und auf unserem landesweiten Auftakttreffen zur Vernetzung haben über 100 Leute aus mehr als zehn Städten teilgenommen. Teilweise als Vertretung von antifaschistischen Gruppen, teilweise individuell.
In Umfragen liegt die AfD in Bayern aktuell bei circa 13 Prozent. Das ist ein leichter Zuwachs. Wie erklären Sie sich das?
Das ist unter anderem bedingt durch die aktuelle Krise. Inflation, steigende Kosten, der Krieg in der Ukraine: Das führt zu Sorgen in der Bevölkerung. Davon ist vor allem die arbeitende Klasse betroffen. Da kann die AfD mit einfachen Antworten momentan gut punkten. Sie inszeniert sich als Partei für die »kleinen Leute«. Das ist sie selbstverständlich nicht. Sie ist eine Partei für die Wirtschaft und die Reichen. Das sieht man schon daran, dass sie die Vermögens- und Erbschaftssteuer abschaffen will. Aber wegen der fehlenden linken Perspektiven kann sie die legitime Kritik an den Regierungsparteien und die berechtigte Sorge in der Krise für sich nutzen.
Die Regierungsparteien CSU und Freie Wähler beanspruchen aber auch ein rechtes Wählerpotential für sich, deshalb sind die Ergebnisse der AfD nicht so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Sie verwenden im Wahlkampf rechte Parolen, rücken immer weiter nach rechts und wollen offensiv Stimmen von der AfD zurückholen. Sie springen auch teilweise auf Themen auf, auf die die AfD setzt.
Besteht die Gefahr einer Koalition?
Nein. Aber nicht, weil sie sich inhaltlich abgrenzen, sondern weil es die Notwendigkeit nicht gibt. Sowohl auf kommunaler als auch auf Landesebene reicht es für die CSU und die Freien Wähler, eine liberal-konservative Partei, die schon lange und vor allem im ländlichen Raum erfolgreich ist, locker. Falls es diesmal doch nicht reichen sollte, ist eine Koalition mit SPD, Grünen oder FDP realistischer.
Unterscheidet sich die bayerische AfD von der Bundespartei?
Das kann man so nicht sagen. Auch hier hat sie sehr starke Flügelkämpfe. Die Landtagsfraktion hat in der aktuellen Wahlperiode mehrere Mitglieder verloren, der Fraktionsvorsitz war immer wieder stark umstritten. Beide Richtungen, die etwas liberalere und die faschistische, tragen ihre Konflikte recht offen aus. Inhaltlich sehen wir keine Unterschiede.
Die Partei ist auch hier militaristisch und versucht, mit rassistischen Stereotypen die Schuld der Krise bei Geflüchteten und Menschen in prekären Situationen zu suchen. Auch die Professionalität der Parteiarbeit ist durchwachsen. Es gibt immer wieder Zwischenfälle, die sehr negative Presse bringen. Gleichzeitig ist der Parteiapparat aber durchaus gut organisiert. Sie haben medial einen hohen Output, verteilen eine eigene Zeitung mit menschenfeindlicher Propaganda in Briefkästen. Dagegen kommt man aktivistisch schwer an.
Die Partei Die Linke wird es wohl wieder nicht in den Landtag schaffen. Was bedeutet das für Sie als außerparlamentarische Linke?
Wir sind es gewohnt, keine linke Partei als Unterstützung im Parlament zu haben. In den größeren Städten sitzt Die Linke allerdings durchaus im Stadtrat. Da gibt es in München ein positives Verhältnis. Sicher wäre es gut, solche Positionen auch im Landtag zu haben, aber damit ist nicht zu rechnen.
Finn Winkler (Name geändert) ist Sprecher der Gruppe »Antifaschistischer Stammtisch München«